Boxenstop in Tübingen

Das Tübinger Museum Boxenstop ein Treffpunkt für große und kleine Helden

Tübingen: Von A wie Agusta bis Z wie Zeppelin findet der Besucher im Boxenstop alles, was die Herzen von Oldtimerfans höher schlagen lässt und die Augen von kleinen wie großen Kindern zum Leuchten bringt. Ein solcher Besuch in Tübingen, der charmanten Universitätsstadt am Neckar, wird zu einem besonderen und unvergesslichen Erlebnis.

Seit mehr als einem Vierteljahrhundert lädt das Museum Boxenstop zum Blick in den Rückspiegel schmucker Karossen und damit zur Entdeckungsreise in eine Zeit ein, als Kfz-Designer noch echte Kunstwerke entworfen haben und unerschrockene Draufgänger mit ihren luftgekühlten Motoren zu Mythen des Rennsports wurden. Im Rastelli, wo unter dem Fresko einer Akrobatennummer aus der Zirkusmanege der leuchtend gelbe Formel-1 Rennwagen von Ronny Peterson zum Blickfang wird, treffen sich Oldtimerfans, um bei einer Tasse Kaffee von einer Seeley 500 zu schwärmen oder um über die technischen Finessen der Maico-Motoren zu fachsimpeln und die größten Erfolge der Ferrari-Piloten aufzuzählen.

Unsere Fotos zeigen: Das Boxenstop stimuliert den Spieltrieb und macht junge Besucher neugierig auf die Geschichte der Technik und des Rennsports

Das Boxenstop ist nicht nur ein Treff für Liebhaber und Experten sondern vor allem ein beliebtes Ausflugsziel für Familien. Während die Jungs mit offenem Mund das Schweizer Krokodil bestaunen, das über die Gleise der Modellbahn rattert, schmelzen die Herzen kleiner Mädchen beim Blick auf die blonden Zöpfe der Käthe Kruse Puppen dahin. Die Väter träumen derweil, wie sie im Autobianchi aus dem Baujahr 1958 die Serpentinen der Toskana genießen können. Und die Mütter stellen beim Blättern in den Journalen aus den 50er Jahren amüsiert fest, dass den Modeschöpfern von heute eigentlich nichts wirklich Neues einfällt.

Der Name ist Programm: Als feines aber kleines Museum mit einer Ausstellungsfläche von gerade mal 200 Quadratmetern wurde das Boxenstop 1985 von Rainer Klink gegründet. Nach und nach, in drei Abschnitten, zuletzt im Jahr 2005, wurde es auf rund 900 Quadratmeter vergrößert.

Der Museumsname ist Programm: Einstige Konkurrenten stehen einträchtig nebeneinander: Der Maserati 4 CL und der Bugatti 37, zwei schnelle Vorkriegsrenner, die Formel Rennwagen im Topzustand, wie auch ultraflache Rennsportwagen. Schnittige Sportwagen von Ferrari, Jaguar, Porsche, der Mercedes Benz 300 SL Flügeltürer werden zum Blickfang. Oder die (Renn-) Motorräder großer Marken wie MV Agusta, BMW, Honda, Ducati sowie Norton mit ihren Ein-, Zwei- und Vierzylinder-Motoren. Von Anfang an setzte die Sammlung einen Schwerpunkt auf englische Fabrikate. „Die Engländer bauen einfach kernige Autos“, schwärmt Klink.

Unsere Foto zeigen: Plakate und Email-Schilder dokumentieren die Kreativität der Werbegraphiker.

Der Besucher schmunzelt über Werbebotschaften, die noch nicht per  E-Mail flächendeckend in alle Haushalte gesandt wurden, sondern liebevoll auf Email gemalt wurden. Reklameschilder und Originalplakate schaffen ein zeitgenössische Ambiente und versprühen in mancher Ecke des Museums auch diskret ihren erotischen Charme. Etwa wenn sich Brigitte Bardot auf einem Filmplakat wie ein Gänseblümchen entblättert. Flotte Autos und attraktive Blondinen gehörten eben schon immer irgendwie zusammen. Und dabei gilt: Auch Anfassen ist erlaubt. „Absperrungen sind uns fremd“, erklärt Museumsinhaber Rainer Klink.

Florierende Eventgastronomie: Über 70 Fahrzeuge und mehr als 1500 Spielsachen aus allen Bereichen präsentiert das Museum mittlerweile auf drei Ebenen. Die Exponate stimulieren den Spieltrieb. Sie wecken aber auch die Neugier: Wer hat im blütenweißen Lloyd-Weltrekordwagen deutsche Motorsportgeschichte geschrieben? Auf welchen Rennstrecken feierten die Piloten im „Formel Super V“ ihre Erfolge? Und welcher Designer hat sich die wohlgeformte Aluminiumkarosserie ausgedacht, die den Jaguar SS 100 aus dem Jahr 1938 zum Blickfang macht?

Der Wissensdurst kann gestillt werden. Denn Infotafeln erinnern an die Helden des Rennsports und füttern Technikfreaks mit Details über die Konstruktionsgeschichte von Vergasern und Getrieben. Und wer noch mehr wissen will, nutzt die Museumsbibliothek, die zum schmökern in vergilbten Fachbüchern einlädt.

Wegen seiner besonderen Atmosphäre ist das Museum  auch eine begehrte Location für Hochzeiten oder Firmenfeten. „Wir haben in den vergangenen Jahren eine florierende Eventgastronomie entwickelt“, freut sich Rainer Klink. Dieses Zusatzangebot wird von Klinks Ehefrau Ute (1. Foto oben rechts) gemanagt. Mit schwäbischer Küche – Spätzle und Maultaschen sind die Klassiker auf der Speisekarte.

Immer neue Publikumsknüller: Rainer Klink (1. Foto oben links) ist nicht nur ein leidenschaftlicher Sammler, der seit einigen Jahren auch nach historischen Fahrrädern Ausschau hält. Der Busunternehmer, der Jahre an der Spitze der gbk gestanden hat, ist ebenso ein kreativer Museumsmanager, der immer neue Publikumsknüller erfindet: Sonderschauen für leidenschaftliche Eisenbahner, Gesprächsrunden mit erzählfreudigen Nostalgikern oder heiße Dampftage, an denen es ordentlich zischt und qualmt. Und vor dem Besuch einer Retro-Schick-Party wühlen sich die Gäste erst mal durch Großmutters Schrank, damit sie sich auch mit den passenden Klamotten aus den fünfziger Jahren in elegante Schale schmeißen können. 

Die Retro-Motor ist seit vielen Jahren ein Klassiker, der jeden Herbst die Oldtimerfans aus ganz Europa in die Unistadt am Necker lockt. In manchen Jahren kamen mehr als  300 Oldtimerfahrer mit ihren edlen Karossen, Rennautos und Motorrädern zur nächtlichen Rallye über die Schwäbische Alb und den Gleichmäßigkeitsläufen rund um den Einsiedel. Und bei solchen Events erinnern historische Fahrzeuge und Promis aus der Szene an die Mythen des Motorsports. So ließ beispielsweise 2003 Gerhard Mitter Junior, der Sohn des erfolgreichen deutschen Rennfahrers Gerhard Mitter (drei Mal Berg-Europameister) einen der seltenen, von seinem Vater konstruierten Formel Junior Rennwagen mit DKW 2-Takt-Motoren die Schönbuchsteige hochjubeln.

Seit 1993 bietet das Boxenstop auch Reisen zu Oldtimerveranstaltungen an. Damals ging es mit 20 Gästen im Bus zur Retromobile nach Paris. Zu dieser einen Reise sind mittlerweile über 20 weitere pro Jahr dazu gekommen. Im komfortablen Vier-Sterne-Bus, der Heidi – einem Oldtimerbus von 1962 – oder im eigenen Oldtimer.

Reisen für Oldtimerfans: Das Museum legt auch jedes Jahr einen ansprechenden Reisekatalog auf. Mit Oldtimerfahrten zum Festival of Speed im britischen Goodwood, zum Grand Prix Historique in Monaco oder zur Mille Miglia, dem 1000 Kilometer langen Rennen von Brescia nach Rom und zurück nach Oberitalien. Es gibt Events in der unmittelbaren Nähe des Museums, wie die Rallye für Vorkriegsfahrzeuge und MG TC durch den Schwarzwald. Aber auch eine Einkaufsreise nach Übersee, etwa zum weltgrößten Auto- und Teilemarkt im amerikanischen Hershey. Oder nach dem Motto „Im Osten viel Neues“ eine Oldtimertour durch Polen und das Baltikum. Als Reiseveranstalter arbeitet Rainer Klink auch mit der „Motor Klassik“, Deutschland führendem Oldtimermagazin, zusammen.

Rainer Klink ist ständig in ganz Europa unterwegs. Und dabei entdeckt er mit seinem Kennerblick selbst in verwaisten Garagen und abgelegenen Scheunen immer wieder neue Schmuckstücke aus der Geschichte des motorisierten Rennsports. Kein Wunder, dass sein Tübinger Museum längst schon wieder viel zu klein ist. An den Plänen für die nächste Erweiterung wird bereits gearbeitet.

Information beiwww.boxenstop-tuebingen.de

Text und Foto: POSITIOV-MEDIEN (Waldemar Herzog * Stefan Zibulla *  Boxenstop)

[Home] [News Übersicht] [Wagelfilm] [Tagesberichte 2012] [Aus aller Welt] [Essen und Trinken] [Geschichten] [Gedichte] [Kunst und Kultur] [Malereien / Skulpturen] [Museen] [Musik] [Neue Bücher] [Filme und Videos] [Impressum]